Religiöses Buch des Monats Mai 2023
Dominika Rank, Wo bist Du Gott? Eine Ukrainerin über Angst, Trauer und Glaube, Echter, Würzburg 2023, ISBN/EAN 9783429058678, 96 Seiten, 12,90 Euro.
In zehn Meditationen über Rache, Geduld, den Wunsch zu siegen, über Hoffnung und über die Frage: „Wo bist du, Gott?“ sucht die ukrainische Autorin Hilfe und Zuflucht bei Gott.
Dominika Rank lebt in Bogotá (Kolumbien), als russische Truppen Ende Februar 2022 ihre Heimat, die Ukraine, angreifen. Aus der Ferne bekommt sie mit, wie der Krieg in das Leben ihrer Mutter, ihrer Neffen und vieler andere Menschen, die sie kennt, eingreift. Sie selbst ist zu weit weg, hilflos, wütend, hat Angst um ihre Angehörigen und Freunde. „Ich wollte mich rächen. Für mein Volk, für vergewaltigte Kinder, für ihre verhungernden Mütter in Mariupol.“
Mit diesen Gefühlen konnte sie nicht umgehen. Sie „fraßen meine Seele, fraßen mein Herz.“ Rank, in griechisch-katholischer Tradition erzogen, sucht Rat in der Bibel. Im Römerbrief stößt sie auf die Aussage „Die Rache ist mein; ich will vergelten, spricht der Herr.“ (Röm 12,19) Dieser Satz wirkt befreiend. Sie muss ihre Gefühle nicht unterdrücken, nicht um Liebe oder Verzeihung ringen, wo sie gerade nicht angebracht sind, sondern kann vor Gott auch zu ihren negativen Gedanken stehen.
Ich will Rache!
„Mit der tiefen inneren Überzeugung, dass er die Gerechtigkeit wiederherstellen wird“, schreibt Rank, vertraue sie Gott ihre Rachegelüste an. Um ihre Gefühle verarbeiten zu können, beginnt sie zu schreiben. Zehn Mediationen sind auf diese Weise entstanden, u.a. über Rache, Geduld, den Wunsch zu siegen, über Hoffnung und über die Frage, die zum Titel des Buches wurde: „Wo bist du, Gott?“ Eine Frage, die leidenden und zweifelnden Menschen (sofern sie Glaubende sind) vermutlich sehr vertraut ist.
Ihre Antwort bietet Rank ihren Lesenden erst an, nachdem sie eine Weile mit Gott und dem Krieg gerungen hat – und erzählt dazu eine Geschichte aus dem Krieg, die sie von einem Freund gehört hat. Eine Geschichte von der Front, aus tiefer Verzweiflung und Erschöpfung, die ihm und seinen Kameraden wie eine Gottesbegegnung vorkam. Sein Fazit: „Gott ist dort, wo man ihn in diesem Moment am meisten braucht, er kommt zu uns in Form von Händen einer alten Frau, einer warmen Decke in kalten Nächten, einem Anruf, einem Lächeln.“
Ein Ringen mit dem Krieg und mit Gott
Dass diese Geschichte eine erlebte Geschichte ist und am Ende dieses kleinen Buches steht, am Ende eines Ringens um Beziehung und Vertrauen, das macht sie glaubwürdig. Ohne dieses Ringen in Krisensituationen gibt es keinen Glauben. Erst die Krise und das Ringen mit ihr macht diese Antwort möglich. Es gibt keine Abkürzung, alle Versuche, die Zweifel auszublenden, führen zu Glaubwürdigkeitsverlust.
Dominika Ranks Buch zeigt die Innenseite des Krieges, das, was sich anhand der Bilder in den Medien nur erahnen lässt. Doch reichen ihre Gedanken weit darüber hinaus. Ihre kurzen Mediationen sind für jegliche Krisensituation hilfreich, weil sie keine fertigen Antworten und schon gar keine Ratschläge bieten, sondern die Lesenden dazu bringen, Gott mit ihren eigenen Gedanken und Gefühlen zu konfrontieren.
(Borromäusverein)
Das „Religiöse Buch des Monats“ wird seit dem Jahr 2000 von den beiden katholischen Büchereiverbänden in Deutschland, dem Sankt Michaelsbund (für Bayern) und dem Borromäusverein (außerhalb Bayerns) ausgewählt. Das Anliegen der Auszeichnung ist es, Bücher zum Thema Religion und Glauben in ihrer Bandbreite bekannter zu machen. Dazu wählen die Lektorate monatlich ein Buch aus, das aus Sicht des christlichen Glaubens ein grundlegendes Thema aufgreift wie Orientierung und Sinn im Leben, Gemeinschaft, gesellschaftliche Verantwortung. Diese Bücher geben Rat in verschiedenen Lebenssituationen, greifen Lebensschicksale auf, regen an, das Leben und den Jahreskreis bewusst zu gestalten oder tragen zu gesellschaftlichen und kirchlichen Debatten bei. Die Bücher erreichen so Menschen, die sich Fragen der Gesellschaft und den eigenen biografischen Herausforderungen bewusst stellen wollen und diese Fragen im Licht des religiösen Glaubens reflektieren und vertiefen.
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