Learning Journey "Digital Rulebreakers"

Wie könnte die Zukunft des Journalismus aussehen? - Das war die Ausgangsfrage, die uns zu dieser "Learning Journey" nach Berlin führte (17. / 18.9.2019). Im Gespräch mit innovativen Medienmachern, die klassische Printformate im Internet etablieren, wurde deutlich: Eine Kombination aus Qualitätsjournalismus + Internet + Erfolg ist möglich; auch für uns!

Die Journey begann mit einem Besuch der Redaktionskonferenz der Tageszeitung "taz", die uns Einblick in die Arbeitsweise einer Zeitunsredaktion gab, die natürlich größer und ideologisch anders ausgerichtet ist als die Blätter im KM. Dennoch ließen sich Parallelen erkennen, da die Tagesereignisse aus einem besonderen weltanschaulichen Blickwinkel heraus dargestellt und kommentiert werden.

Interessant war insbesondere das sich anschließende Gespräch mit Chefredakteur Georg Löwisch. Er erläuterte die Hintergründe, warum die taz voraussichtlich 2021 die Tageszeitung print einstellen will und welche Folgerungen und Herausforderungen sich daraus ergeben. Fakt ist, dass die gedruckte taz - deren Leser zunehmend älter werden (!) - stetig an Auflage verliert und abshebar nicht mehr kostendeckend arbeiten wird. Gleichzeitig sind die Online-Abos (die freiweillig abgeschlossen werden) noch nicht in der Gewinnzone. Um die taz mittelfristig abzusichern soll deshalb ab 2021 das Portfolio aus drei Produkten bestehen: 1. dem Online-Angebot, das verbessert werden, dessen Bezahlung aber weiterhin auf freiwilliger Basis erfolgen soll; 2. der gedruckten Wochenend-Ausgabe und 3. dem E-Paper.

Das Strategie-Paper zur Umstellung können Sie hier einsehen:
- taz-Report
- taz-Report-pdf

Danach führte uns unsere Suche nach "Digital Rulebreakers" in die Kulturbrauerei. Dort unterhileten wir uns mit dem Gründer der Crowdfunding-Platform "Steady", Dr. Gabriel Yoran, und Rico Grimm von den "Krautreportern". Beide arbeiten eng zusammen, oder, anders gesagt: Steady schafft die geschäftliche Grundlage für Krautreporter. Worum geht es? Krautreporter erhebt den Anspruch, einen rein internetbasierten unabhängigen Qualitätsjournalismus zu bieten und - in teils sehr langen Stücken - politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Zusammenhänge zu erklären. Finanziert wird die redaktionelle Arbeit weder durch Abos noch durch Anzeigenwerbung, sondern durch genossenschaftliche Mitglieder, die exklusiven Zugang zu den Artikeln der Krautreporter erhalten. Dies, so betont Rico Grimm, sei der entscheidende Unterschied zu anderen Formen der Monetarisierung. Denn die Mitglieder bezahlten nicht in erster Linie für Gegenleistungen, die sie in Form von Artikeln erhielten, sondern weil sie daran interessiert seien, dass es Qualitätsjournalismus im Web gebe. Ein wichtiges Element sei dabei, die enge Vernetzung mit den Lesern / Mitgliedern. Viele Ideen für Artikel entstünden aus der Kommunikation mit den Besuchern der Krautreporter-Site; auch würde immer wieder nachgefragt, welche Fragen die Leser zu einzelnen Themen besonders interessieren würden.

Steady ist der Dienstleister für solcherart angelegte Redaktionsmodelle. Sie sorgen für den nötigen Support in der Konzeption, der technischen Umsetzung, der Vermarktung und bieten entsprechende Finanzdienstleistungen. Gabriel Yoran ist sich sicher, dass mitgliederbasierte Newsportale die Zukunft des Journalismus im Web sind, zumindest für kleinere Redaktionen: "Mitgliedschaften sind der Schlüssel zu einer unabhängigen und vielfältigen Medienwelt. Denn Mitglieder unterstützen Projekte nicht weil sie müssen, sondern weil sie unabhängigen Journalismus wollen." 

Nach diesem sehr inspirierenden Input ergaben sich unter den teilnehmenden Kolleginnen und Kollegen sehr angeregte Diskussionen. Der Wert einer solchen Veranstaltung liegt ja unter anderem darin, dass man das Gehörte erörtern und auf die Brauchbarkeit und Anwendbarkeit auf die je eigene Situation abklopfen kann.

Dank an Georg Frericks vom Sankt Michaelsbund, der die Kontakte mit unseren Gesprächspartnern hergestellt hat!

 

 

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