Rückschau Katholischer Medienkongress 2022

Drei Tage lang haben rund 340 Fachleute beim Katholischen Medienkongress in Bonn über mediale Herausforderungen für Kirche und Gesellschaft diskutiert, zu dem auch der KM. mit einem Panel zum Thema "Zwischen Loyalität und Authentizität" beitrug.

"Ohne einen starken und unabhängigen Journalismus können wir die Krisen unserer Zeit nicht meistern", betonte dabei der katholische Medienbischof, der Münchner Kardinal Reinhard Marx. Die Kirche sei in der Verantwortung, den Journalismus zu stärken, denn Medien "kritisieren und offenbaren Fehlentwicklungen und Missstände, natürlich auch in der Kirche". Funktionierende Medien seien eine Säule der Gesellschaft, die dauerhaften Schieflagen entgegenwirken könnten.

Kirche und Medien müssten stärker gegen Fehlentwicklungen im Netz ankämpfen, fügte Marx hinzu. Denn viele der mit dem Internet verbundenen Hoffnungen hätten sich leider nicht erfüllt: "Im Gegenteil: Wer am lautesten ist, findet am meisten Aufmerksamkeit." Viele Menschen bewegten sich nur in ihren eigenen Blasen. Es werde polemisiert und polarisiert. "Mir macht das große Sorgen, dass auch die Demokratie unter Beschuss gerät", ergänzte der Kardinal. Und hier seien die Medien und die Kirche in der Pflicht, mit aller Kraft gegenzusteuern. Zugleich warnte er, man dürfe auch nicht vermeintlich guten alten Zeiten hinterhertrauern. Die Kirche dürfe sich auch keinesfalls darauf zurückziehen, andere zu belehren, wie sie ethisch korrekt die Möglichkeiten nutzen sollten. Sie müsse selbst aktiv sein und offensiv, auch wenn sie derzeit unter massiven Kommunikationsschwierigkeiten und Glaubwürdigkeitsproblemen leide.

Zur Eröffnung der Konferenz unter dem Motto "Let's face it - Authentizität und Kommunikation" forderte die Generalsekretärin der Bischofskonferenz, Beate Gilles: "Die Medien müssen die Nutzer stets ernst nehmen und den Menschen dienen." Medien seien eine Chance für die Kirche und kein Risiko: "Nutzen wir die Medien für die Kirche, um verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen." Kommunikation in und über die katholische Kirche sei derzeit alles andere als einfach, räumte Gilles ein. Wichtig sei, dass die Kirche als glaubwürdig wahrgenommen werde: "Authentizität, Transparenz und Glaubwürdigkeit sind die Leitlinien für die Mediengesellschaft." Die Generalsekretärin ging zugleich auf die Bedeutung von Konzentrationsprozessen und Digitalisierung in der Branche für katholische Medienunternehmen ein. Transformationsprozesse seien notwendig: "Wir müssen uns neu aufstellen in Bistümern und auf Bundesebene."

Der Katholische Medienverband hatte ein eigenes Panel am Start unter dem Motto "Zwischen Loyalität und Authentizität - katholische Medienschaffende in Zeiten des schwindenden Vertrauens in die Kirche". Unter der Moderation von Alexander Foitzik, Studienleiter der Katholischen Akademie von Freuiburg, diskutierten Carola Stein (Geschäftsführerin von Butzon & Bercker in Kevelaer), Christian Frevel (Leiter der internen Kommunikation beim Bischöflichen Hilfswerk Adveniat) und Ulrich Waschki (Geschäftsführer und Chefredakteur der Verlagsgruppe Bistumspresse und des Osnabrücker Kirchenboten) über Missbrauchsskandal, Nichtanerkennung von Juryentscheidungen, wenig Zuspruch in Zeiten von Corona, Kündigung von Abos, Rückgang der Verkaufszahlen, allenthalben zu spürende Vorbehalte oder gar offene Anfeindungen. Sie verdeutlichten, wie katholische Medienmacher mit dieser Situation umgehen, den Spagat aushalten zwischen professioneller und meist auch persönlicher Loyalität zu ihrer Kirche auf der einen Seite und Bewahren der eigenen Integrität und professionell-kritischer Distanz andererseits. 

Im Rahmen des Medienkongresses wurde auch der Katholische Medienpreis verliehen. Für Debatten sorgte dabein die Auszeichnung für die ARD-Doku "Wie Gott uns schuf - Coming-Out in der Katholischen Kirche" über den Umgang der Kirche mit sexuellen Minderheiten. Mehrere Mitglieder der Initiative #OutInChurch entrollten während der Veranstaltung ein Banner und demonstrierten gegen Diskriminierung und für Veränderungen im Arbeitsrecht. TV-Moderatorin und Laudatorin Anne Will solidarisierte sich mit den Forderungen. Sie nannte den Film des Autoren-Teams um Hajo Seppelt, Katharina Kühn, Marc Rosenthal und Peter Wozny in ihrer Laudatio eine "kollektive Erleichterung": "Es brauchte diesen Film, damit 100 von ihnen den Mut fanden, sich zu öffnen. Der Film ist damit mehr als ein Film. Er ist ein monumentaler Befreiungsschlag." Die Doku habe zudem geleistet, was die Kirche "selbst hätte leisten müssen", fügte Will hinzu. Zuvor hatte sie erklärt: "Auch ich bin lesbisch und weiter - auch zahlendes - Mitglied der katholischen Kirche - und auch ich möchte, dass die menschenverachtende Diskriminierung queerer Menschen endlich aufhört!" Marx reagierte darauf mit einem: "Ich will auch, dass das aufhört!" Der spontane Schlagabtausch zwischen den Journalisten und dem Kardinal gipfelte in der Debatte um die katholische Sexualmoral. Will betonte noch einmal, dass der Reformprozess der deutschen Katholiken, der Synodale Weg, aus Sicht der Reformer kürzlich einen "krachenden Rückschritt" erlitten habe. Im September hatte dort eine Sperrminorität der Bischöfe ein Grundlagenpapier zu einer erneuerten Sexualmoral verhindert und damit für heftige Debatten gesorgt. #OutInChurch hatte sich nach diesem bischöflichen Votum ernüchtert gezeigt. Auch vor der Vergabe des Medienpreises warfen sie den Bischöfen den Versuch "einer reinen Imagekampagne auf dem Rücken queerer Menschen" vor. Die Bischofskonferenz hingegen erklärte, dass die Entscheidung über den Preisträger von einer Jury und nicht von den Bischöfen getroffen worden sei. Auch waren Vertreterinnen und Vertreter von #OutInChurch nach eigenen Aussagen nicht offiziell zur Preisverleihung eingeladen worden. Letztlich waren dann doch etwa ein Dutzend Mitglieder in Bonn anwesend. Zu lauten Protesten kam es nicht. Doch standen sie während der Preisverleihung auf und hoben ein Banner hoch: "Diskriminierung beenden, neues Dienstrecht, jetzt!" Die Gäste quittierten es ihnen und den Filmemachern mit stehenden Ovationen.

KNA

 

 

Ulrich Waschki

 

Carola Stein

 

Christian Frevel

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